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Rahmen-Richtlinien
für
Tageseinrichtungen für Kinder (TEK)
in der Evangelisch-reformierten Kirche
(Synode evangelisch-reformierter Kirchen in Bayern
und Nordwestdeutschland)

vom 2. Juli 1997

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„Lasst die Kinder zu mir kommen und wehret ihnen nicht;
denn solchen gehört das Reich Gottes“ (Mk. 10, 14)










Welche Kirche braucht das Kind? Jene Kirche braucht Kinder, die von und mit ihnen lernen will, lernen von ihrem Kindsein als einer unvergleichlichen Form des Menschseins, von ihren selbstständigen religiösen Entdeckungen und Frageweisen, in denen ihr Weg zum christlichen Glauben auf dem Spiel steht. Welche Kirche braucht das Kind? Die Kinder brauchen eine Kirche, die sich durch sie prüfen lässt, die für sie eintritt, die ihnen Raum zum Aufwachsen und das Evangelium als Lebenserfüllung anbietet, die Buße tut und so Hoffnung ermöglicht, weil sie auf das Reich Gottes hin lebt (5. Tagung der 8. Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland in Halle/Saale, November 1994).
Tageseinrichtungen für Kinder (TEK) im Sinne der nachfolgenden Rahmenrichtlinien sind alle Einrichtungen für Kinder nach dem Gesetz über Tageseinrichtungen für Kinder in Niedersachsen (KiTaG) bzw. den entsprechenden landesrechtlichen Bestimmungen in den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Freistaat Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein.
I Die TEK als Auftrag der Kirche und Aufgabe der Kirchengemeinde
  1. Der Dienst der Kirche am Nächsten geht vom christlichen Menschenbild aus. Deshalb ist es Aufgabe der Kirche, sich allen Kindern und Familien zuzuwenden und sie in ihre Gemeinschaft einzuladen.
    Die Kirche nimmt ihren Verkündigungsauftrag wahr, indem sie Kindern das Evangelium zugänglich macht. Sie nimmt ihren diakonischen Auftrag wahr, indem sie Kindern altersgemäße Lebensräume schafft und die Erziehungsberechtigten bei ihren vielfältigen Erziehungsaufgaben begleitet, unterstützt und entlastet. Sie nimmt ihre gesellschaftliche Aufgabe wahr, indem sie Kinder durch altersentsprechende Lebens- und Lernbedingungen in ihrer Entwicklung fördert und so auch zur Realisierung der gesetzlichen Vorgaben des Bundes und der Länder beiträgt.
  2. Die TEK in der Ev.-ref. Kirche (Synode evangelisch-reformierter Kirchen in Bayern und Nordwestdeutschland) werden in der Regel von einer Kirchengemeinde getragen. Der Kindergarten hat Anteil an der Verkündigung und Diakonie der Gemeinde. Dies bestimmt die tägliche Arbeit und wird auch in gemeinsamen Gottesdiensten, Festen und Aktionen sichtbar.
    Der eigenständige Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsauftrag des Kindergartens, der die Entwicklung des Kindes in der Familie ergänzend unterstützt, wird im Rahmen kirchlicher Rechtsvorschriften wahrgenommen.
    Die TEK nimmt Kinder ohne Rücksicht auf ihr Bekenntnis und ihre Nationalität im Rahmen der zur Verfügung stehenden Plätze in den Kindergarten auf und sichert deren fachgerechte Betreuung.
    Um die vielschichtigen Aufgaben erfüllen zu können, ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Erziehungsberechtigten notwendig.
  3. Die Kirchengemeinde nimmt ihre Verantwortung für die TEK durch ihre Organe (in der Regel durch den Kirchenrat) wahr. Im Rahmen dieser Verantwortung und entsprechender Verträge mit den politischen Gemeinden muss die Trägerin einer TEK folgendes gewährleisten:
    1. Festlegung der Konzeption
    2. Erstellung notwendiger Ordnungen für die Gestaltung der Arbeit
    3. Erstellung von Betreuungsverträgen mit den Erziehungsberechtigten
    4. Festlegung der Verantwortlichkeiten und Zusammenarbeit zwischen Eltern, Mitarbeiterinnen und Trägerinnenvertretern unter Berücksichtigung gesetzlicher Bestimmungen
    5. Vertretung der Interessen der TEK gegenüber kirchlichen, kommunalen und staatlichen Stellen sowie der Öffentlichkeit
    6. Förderung der Zusammenarbeit zwischen TEK verschiedener Trägerinnen mit Fachverbänden und -beratungen u. ä.
    7. Bereitstellung geeigneter Räume sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
    8. Dienstaufsicht über die Mitarbeiterinnen der TEK sowie Sicherung der Qualifikation der Beschäftigten
    9. Sicherstellung einer wirtschaftlichen Betriebsführung.
II Die Arbeit in der Ev.-ref. TEK
  1. Staatliche Rechtsgrundlage der gesamten Jugendhilfe, zu der auch die Arbeit der TEK gehört, ist § 1 Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG), der jedem jungen Menschen ein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zugesteht. Die Förderung von Kindern in Tageseinrichtungen gehört zu den Leistungen nach § 2 KJHG, die von Trägerinnen der freien und der öffentlichen Jugendhilfe erbracht werden können.
    Der Bedarf an Plätzen in Kindertagesstätten wird im Rahmen der Jugendhilfeplanung gemäß § 80 KJHG und § 13 KiTaG festgestellt. Auch die Unterscheidung in Ganztagsplätze, Vor- und Nachmittagsgruppen sowie die gemeinsame Erziehung von behinderten und nichtbehinderten Kindern muss in Absprache zwischen öffentlicher und freier Jugendhilfe geklärt werden.
  2. Die freien Trägerinnen haben nach § 4 KJHG einen Vorrang bei der Ausgestaltung von Angeboten und Einrichtungen in der Jugendhilfe, wobei ihre Selbstständigkeit in Zielsetzung und Durchführung der Arbeit sowie auch in der Gestaltung der Organisationsstruktur zu achten ist.
    Die Ziele sind in der Konzeption festgelegt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der TEK tragen bei der Umsetzung in der praktischen Arbeit ein hohes Maß an Verantwortung. Konzeption und praktische Arbeit orientieren sich pädagogisch und organisatorisch an den Bedürfnissen der Kinder und ihrer Familien. Erziehungswissenschaftliche Erkenntnisse finden in angemessener Weise Berücksichtigung.
  3. Wesentliche Elemente der Arbeit in der Ev.-ref. TEK sind:
    1. Den Kindern Hilfen zum Leben zu geben, d. h., ihnen Formen gelebten Glaubens durch biblische Geschichten, christliche Lieder, Symbole, Rituale, Feste feiern und Gebete nahe zu bringen.
    2. Die Kinder bei der Entfaltung einer eigenen Persönlichkeit zu unterstützen durch Einübung von Kontaktfähigkeit, Gruppenverhalten, Hinführung zu Gemeinschaftsfähigkeit.
    3. Die Beratung und Unterstützung der Eltern bei der Früherkennung von Entwicklungsverzögerungen, Auffälligkeiten und besonderen Begabungen.
    4. Die Hinführung zur „Schulfähigkeit“, ohne eine Arbeit als „Vorschule“ zu leisten.
III Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
  1. In Ev.-ref. TEK dürfen nur Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt werden, die den Qualifikationsanforderungen der jeweiligen Landesgesetze über Tageseinrichtungen für Kinder entsprechen. Darüber hinaus sollen alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einer der in der ACK zusammengeschlossenen Kirchen, die Leiterinnen einer evangelischen Kirche, angehören.
    Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der TEK bilden untereinander und zusammen mit den anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kirchengemeinde eine Dienstgemeinschaft.
  2. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten mit den Trägerinnen und den Erziehungsberechtigten zusammen und kooperieren mit weiteren Angeboten der Kirchengemeinde, anderen Tageseinrichtungen für Kinder, den Schulen usw.
  3. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bilden sich kontinuierlich fort und erweitern unter anderem ihre fachliche Kompetenz. Fortbildung und Fachberatung werden insbesondere über das Diakonische Werk der Ev.-ref. Kirche (Synode evangelisch-reformierter Kirchen in Bayern und Nordwestdeutschland) in Zusammenarbeit mit der Fachberatung der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers sichergestellt. Insbesondere die religionspädagogische Arbeit wird zum integrierten Bestandteil einer ganzheitlichen Pädagogik.
IV Finanzierung der Arbeit der TEK
  1. Voraussetzung für den Betrieb einer TEK wie auch für finanzielle Leistungen der Kommunen und des Landes ist die Betriebserlaubnis nach § 45 KJHG. Nach der Neufassung des § 24 KJHG mit dem Rechtsanspruch auf den Besuch eines Kindergartens ist davon auszugehen, dass die Förderung der freien Trägerinnen nach § 74 KJHG im Bereich der TEK einem Rechtsanspruch gleichzustellen ist. Das bedeutet, dass die TEK freier Trägerinnen nach den gleichen Grundsätzen und Maßstäben wie die gemeinde- und landkreiseigenen TEK zu finanzieren ist, d. h. der Ausstattungsstandard qualitativ gleichwertig sein muss. Die Erziehungsberechtigten können diesen Anspruch gegenüber den öffentlichen Trägern der Jugendhilfe rechtlich durchsetzen.
  2. Erwartet wird nach § 74 KJHG eine Eigenbeteiligung der freien Trägerinnen, die sich nach deren jeweiliger Finanzkraft und den sonstigen Verhältnissen richtet. Die Ev.-ref. Kirchengemeinden als Trägerinnen erbringen die Eigenbeteiligungen vielfach in Form von Investitionen, Fachberatung, Übernahme der Risiken als „Arbeitgeber“.
    Die Gesamtkirche kann sich über das Diakonische Werk im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten an den „Eigenmitteln“ beteiligen.
    Über die Ausgestaltung der Partnerschaft zwischen der öffentlichen Jugendhilfe und den Ev.-ref. Kirchengemeinden sind Verträge abzuschließen.
  3. Für die Inanspruchnahme von Angeboten der Tageseinrichtungen für Kinder können nach § 90 KJHG Elternbeiträge festgesetzt werden. Sie sind nach § 20 KiTaG so bemessen, dass die wirtschaftliche Belastung für die Sorgeberechtigten zumutbar ist und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unter Beachtung der Zahl ihrer Kinder berücksichtigt wird. Die Gebühren sollen entsprechend den Hinweisen des Niedersächsischen Kultusministeriums nach Einkommen der Eltern in mindestens drei Beitragsstufen gestaffelt werden, um eine vergleichbare Belastung zu erreichen.
    Die Festsetzung der Elternbeiträge erfolgt in Absprache zwischen den öffentlichen und freien Trägerinnen der Jugendhilfe, die in diesem Arbeitsbereich innerhalb eines Kreisgebietes tätig sind, wobei die Festlegung durch die politischen Gremien erfolgt.
    Die Beträge werden in der Regel von den Kommunalgemeinden eingezogen. Wenn ev.-ref. Kirchengemeinden als Trägerinnen diese Aufgabe übernehmen, wäre dies den unter IV. 2. genannten Eigenbeteiligungen zuzurechnen.
    Wenn Staffelungen von Räten beschlossen werden, die Auskünfte von Finanzämtern, Arbeitsämtern oder ähnlichen Institutionen erforderlich machen, übernehmen ev.-ref. Kirchengemeinden das Einzugsverfahren nicht.
V Schlussbestimmungen
Diese Rahmenrichtlinien sind vom Diakonieausschuss am 2. Juli 1997 beschlossen und vom Moderamen der Gesamtsynode am 15./16. September 1997 genehmigt worden.
Mit der Verabschiedung dieser Rahmenrichtlinien wird die Kindergartenordnung für die Kindergärten in der Ev.-ref. Kirche in Nordwestdeutschland vom 21. April 1978 (GVBl. Bd. 14 S. 325 ff.) aufgehoben.