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Gemeinsame Erklärung
der Uniting Reformed Church
in Southern Africa
und der
Evangelisch-reformierten Kirche

vom 16. April/14. Juni 2010

(GVBl. Bd. 19 S. 152)

Die Synode der Uniting Reformed Church in Southern Africa und die Gesamtsynode der Evangelisch-reformierten Kirche haben auf ihren Tagungen am 16. April 2010 in Johannesburg und am 14. Juni 2010 in Emden folgende gemeinsame Erklärung beschlossen:
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Gemeinsam für eine andere Welt
Gemeinsam aus Nord und Süd erkennen wir die Zeichen der Zeit. Wir hören die Klagen der Menschen und sehen die Wunden der Schöpfung.
Weltweite Ungerechtigkeit und ökologische Zerstörung erschrecken uns. Menschen erzählen von Unterdrückung und Gewalt. Wir erleben, dass insbesondere Minderheiten marginalisiert und ausgegrenzt werden. Wir haben Menschenhandel und moderne Sklaverei vor Augen; Erfahrungen von Menschen, die verletzt und vernachlässigt werden, keinen Zugang zu Bildung, Arbeit und zu medizinischer Versorgung haben. Ihre persönliche Sicherheit ist gefährdet, ihre Menschenwürde wird missachtet. Davon sind vor allem Frauen und Kinder betroffen. Wir hören vom Klimawandel; Vorhersagen lokaler Katastrophen und Berichte über Umweltverschmutzung warnen uns: Korallenriffe werden zerstört, Wüsten breiten sich aus, Luftverschmutzung nimmt zu und Gletscher schmelzen ab. Die Zukunft unserer Kinder und Kindeskinder ist bedroht. Trinkwasservorräte schwinden, Bodenschätze werden ausgebeutet. Militarismus, Gewalt und Krieg haben verheerende Folgen. Unfairer Handel und ein außer Kontrolle geratenes Finanzsystem verstärken die Armut weltweit. Statistiken, die unsere Epoche und unsere Wirklichkeit beschreiben, beschämen uns.
Vor diesem Hintergrund beobachten wir eine Verbindung wirtschaftlicher, kultureller, politischer und militärischer Macht zu einem Herrschaftssystem, dem scheinbar alles unterworfen ist. Wir erleben es als ein allgegenwärtiges System, das von Eigennutz und Gier, Vergötzung von Geld, Gut und Eigentum getragen wird; als ein System, das keine barmherzige Gerechtigkeit kennt und das Leben und die Schöpfung missachtet. Wir begreifen dieses System als eine Bedrohung unseres täglichen Lebens, das den Interessen mächtiger Konzerne, Nationen, Eliten und privilegierter Personen dient, während es in Kauf nimmt, dass dies auf Kosten von Mensch und Schöpfung geschieht. Wir hören sogar, dass Konsum wie ein Evangelium gepredigt wird, unterstützt durch mächtige Propaganda, geglaubt und angenommen von vielen, die dieses System wie eine Religion verbreiten und rechtfertigen. Wir spüren die verführerische Macht des Götzendienstes und die Gefahr, unsere Seele zu verlieren.
Darum klagen wir – herausgefordert durch die Schreie der geplagten Menschen und die Wunden der leidenden Schöpfung.
Gemeinsam aus Nord und Süd finden wir Trost im Evangelium, im Glauben, den wir teilen und in der Tradition, in der wir stehen. Das Wirken von Gottes Wort und Geist verbindet uns.
Uns tröstet die Erkenntnis, dass unsere Welt Gott gehört, die Gewissheit, dass wir uns nicht selbst gehören, und die Verheißung, dass Jesus Christus der Herr ist. Diese Überzeugungen bekennen wir als Kern unseres Glaubens und unserer Tradition.
Wir erinnern uns an unsere Mütter und Väter, die die falsche Lehre verwarfen, es gäbe Bereiche unseres Lebens, in denen wir nicht Jesus Christus, sondern anderen Herren zu eigen wären; es gäbe Bereiche, in denen wir nicht der Rechtfertigung und Heiligung durch ihn bedürften. Wir rufen uns ihr Glaubenszeugnis in Erinnerung, das sie angesichts der Umstände und des Geistes ihrer Zeit, angesichts der herrenlosen Gewalten und Ideologien ihrer Tage und angesichts der Herausforderungen und Versuchungen der geschichtlichen Ereignisse formulierten.
Wir bekennen mit ihnen, dass Gott sich selbst als der Eine geoffenbart hat, der Gerechtigkeit und wahren Frieden auf Erden herbeiführen will. Wir bekennen mit ihnen, dass Gott in einer Welt voller Ungerechtigkeit und Feindschaft sich in besonderer Weise den Notleidenden, Armen und Entrechteten zuwendet, und dass er seine Kirche aufruft, ihm darin zu folgen. Wir bekennen mit ihnen, dass Gott den Unterdrückten Recht schafft und den Hungrigen Brot gibt; dass er die Gefangenen befreit und die Blinden sehend macht; dass er die Bedrängten unterstützt; dass er die Fremden beschützt; dass er den Witwen und Waisen hilft und den Weg der Gottlosen versperrt; dass reiner und unbefleckter Gottesdienst für ihn heißt, den Witwen und Waisen in ihrem Leid beizustehen; dass er sein Volk anleiten will, Gutes zu tun und nach Recht zu streben.
Mit ihnen sind wir überzeugt, dass die Kirche leidenden und bedürftigen Menschen beistehen muss und darum auch gegen jede Form von Ungerechtigkeit Zeugnis ablegen und streiten soll, damit das Recht ströme wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Strom; dass die Kirche als Eigentum Gottes dort stehen muss, wo Gott selbst steht, nämlich an der Seite der Entrechteten gegen alle Formen der Ungerechtigkeit; dass die Kirche in der Nachfolge Christi Zeugnis ablegen muss gegen Mächtige und Privilegierte, die selbstsüchtig ihre eigenen Interessen verfolgen und dabei über andere verfügen und sie benachteiligen.
Diese Überzeugungen verbinden uns auch in unserer heutigen bedrohten Welt. Gemeinsam widerstehen wir der Ideologie, es gäbe keine Alternative, und gemeinsam verwerfen wir den Götzendienst mit seiner Missachtung des Lebens und der Gaben der Schöpfung.
Gemeinsam aus Nord und Süd hören wir den Zuspruch von Gottes Wort und Geist. Wir stellen uns dem Anspruch dieser Botschaft heute.
Wir erklären, dass Jesus Christus Gottes Zuspruch der Vergebung und Gottes kräftiger Anspruch auf unser ganzes Leben ist; durch ihn widerfährt uns frohe Befreiung aus den gottlosen Bindungen dieser Welt zu freiem, dankbarem Dienst an seinen Geschöpfen heute.
Gemeinsam rufen wir uns das Gesetz Gottes in Erinnerung, das uns lehrt, Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und Wahrheit zu suchen. Wir rufen uns die Worte der Propheten in Erinnerung, die uns mahnen, Gerechtigkeit zu üben, Barmherzigkeit zu lieben und demütig zu sein vor unserem Gott. Wir rufen uns Gottes Verheißungen durch Lobpreis und Gottesdienst in Erinnerung. Sie verleihen uns die Kraft, uns nach dem Tag zu sehnen, an dem Gerechtigkeit und Friede sich küssen. Wir rufen uns die vielen Berichte von Errettung und Erlösung, von Befreiung aus der Knechtschaft in Erinnerung, die von der errettenden Gegenwart Gottes erzählen – an all dies erinnern wir uns gerade auch heute.
Wir halten unbeirrt daran fest, dass unser ganzes Leben, da wir nicht uns selbst gehören, darauf ausgerichtet sein soll, dass Gerechtigkeit geschieht - auch in unserer gemeinsamen Welt heute.
Wir fühlen uns von denen ermutigt, die uns gelehrt haben, dass wahre Frömmigkeit und Liebe zur Gerechtigkeit zusammengehören, dass Wort und Tat nicht getrennt werden können, dass Gott wahrhaft erkannt wird, wo Menschlichkeit gedeiht, dass wir im Armen, im Verachteten und im letzten Fremdling auf Erden wie in einem Spiegel sowohl Gottes Ebenbild als auch unser eigenes Fleisch erkennen. Wir glauben, dass all das in unserer tief gespaltenen und ungerechten Welt wahr bleibt bis heute.
Wir gedenken der Mütter und Väter, die in Gottes Schöpfung den Schauplatz seiner Herrlichkeit erkannten; was uns zu Andacht und Staunen, zu Dankbarkeit und Ehrfurcht, zu guter Haushalterschaft und Wahrnehmung von Verantwortung führt - auch in unserer bedrohten Welt heute.
Uns ist bewusst, dass wir miteinander in Gemeinschaft leben – als Glieder Christi und Teilhaber seiner Gaben. Als Glieder eines Leibes sollen auch alle ihre Gaben willig und mit Freuden zum Wohl und Heil der anderen gebrauchen.
Wir sind auf Gottes Namen getauft und gehören in die Gemeinschaft seiner Gemeinde. Wir sind berufen zu Christi priesterlichem, königlichem und prophetischem Amt: Zum priesterlichen Amt, um seine Rechtfertigung anzunehmen und zu verkündigen und um an seinem Dienst, an seiner Liebe und an seiner Fürbitte für die Welt teilzuhaben. Zum königlichen Amt, um an seinem Kampf gegen die Mächte, an seiner Heiligung der Welt und an seinem Sieg über jede Form von Sünde und Zerstörung mitzuwirken. Zum prophetischen Amt, um seine Wahrheit öffentlich zu verkündigen, die Wahrheit von Versöhnung und Gerechtigkeit, die Wahrheit, die frei macht.
Gemeinsam werden wir bewegt durch diese Erinnerungen und von diesem Anspruch auf unser ganzes Leben.
Aus dem Süden und dem Norden, vereint in Gemeinschaft, sehnen wir uns nach einer anderen Welt.
Gottes Anspruch auf unser Leben lässt uns gemeinsam nach seinem Reich der Gerechtigkeit und des Friedens, nach seiner Gegenwart und nach seiner Erlösung trachten - nach Befreiung von diesen beängstigenden Realitäten, diesen extremen Ungleichheiten, dieser kulturellen Dominanz, diesen abgrundtiefen Gegensätzen, dieser Ungerechtigkeit, dieser zerstörerischen Kraft. Wir sehnen uns nach dem von Gott verheißenen Frieden. Wir rufen und bitten, wir seufzen und beten gemeinsam für unsere bedrohte Welt.
Im Gebet verbunden, verpflichten wir uns, fürsorglich mit Gottes Geschöpfen und seiner Schöpfung umzugehen. Wir wollen dabei mit denen zusammenarbeiten, die nach alternativen Wegen suchen, mit denen, die über Erkenntnis und Wissen verfügen oder besondere Gaben und Fähigkeiten haben oder aufgrund ihrer Leitungsfunktionen in besonderer Verantwortung stehen. Wir suchen keine einfachen Antworten. Wir wollen unsere Ohren nicht vor dem verschließen, was uns die Leidenden erzählen, und unser Denken nicht vor den Erkenntnissen aus Wissenschaft und Forschung. Wir wollen unsere Augen nicht vor der Realität verschließen, die uns nah und fern umgibt, und unsere Herzen nicht vor Elend und Leid. Wir wollen unsere Hände nicht unwillig in den Schoß legen, wo wir an Veränderungen mitwirken können. Vielmehr verpflichten wir uns, für einen sorgsamen sparsamen Energieverbrauch zu sorgen, für den Schutz der Artenvielfalt, den Kampf gegen die Ausdehnung der Wüsten, für den sparsamen achtsamen Umgang mit Trinkwasser und vorbeugende Maßnahmen gegen die Verschmutzung der Umwelt. Dies geschieht in Ehrfurcht vor dem Werk seiner Hände, im Staunen über seine Schöpfung, in Freude am Wunder des Lebens und an Gottes reichen, gesegneten Gaben.
Wir schließen einen Bund, mit dem wir uns verpflichten, gemeinsam zu glauben, zu hoffen und zu lieben, um neue Wege des Gehorsams zu finden, lebendige Gemeinschaft zu ermöglichen und in der Einen Welt Zeugnis abzulegen. Wir wollen miteinander reden und voneinander lernen, um uns gemeinsam auf die Suche nach Lösungen zu machen, unser Bewusstsein zu schärfen, mit anderen Augen zu sehen und umzukehren und uns zu verändern, Ursachen zu bekämpfen und uns auf einen neuen Lebensstil einzulassen. Wir wollen in Solidarität mit den Opfern leben, unsere Stimme für die Sprachlosen erheben und an die erinnern, die schnell vergessen werden. Wir folgen dem Ruf nach prophetischem Handeln, nach Aufklärung und Auseinandersetzung, nach Herausforderung und Kritik, nach Analyse und Planung, nach Umgestaltung und Verweigerung. Wir wollen eine Spiritualität des Widerstands und einen Lebensstil der Nachfolge erlernen und einüben – als Zeugen der barmherzigen Gerechtigkeit Gottes für eine andere Welt.
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