.Verfügung
Verfügung
der Oberfinanzdirektion Hannover
betr. Befreiung der Dienstgrundstücke
der Geistlichen und Kirchendiener
der Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts
vom 10. März 1994
# 1 Durch Artikel 12 des Standortsicherungsgesetzes vom 13. September 1993 (BStBl I S. 774, 794) ist die Grundsteuerbefreiung für Dienstgrundstücke der Geistlichen und Kirchendiener der Religionsgesellschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, und der jüdischen Kultusgemeinden nunmehr in § 3 Abs. 1 Nr. 6 GrStG mit Wirkung vom 1. Januar 1993 an neu geregelt worden.
2 Die Neufassung des § 3 Abs. 1 Nr. 5 GrStG hält die bisherige Grundsteuerbefreiung der kirchlichen Dienstwohnungen unverändert aufrecht. 3 Die dazu ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung gilt deshalb unverändert fort und ist zu beachten.
- 1.
- Allgemeine Voraussetzungen für die Grundsteuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Nr. 6 GrStG
- 1.1
- Voraussetzung der Grundsteuerbefreiung ist, dass das Grundstück sowohl am 1. Januar 1987 als auch im jeweiligen Feststellungs- und Veranlagungszeitpunkt zu einem nach Kirchenrecht gesonderten Vermögen, insbesondere einem Stellenfonds gehört, dessen Erträge ausschließlich für die Besoldung und Versorgung der Geistlichen und Kirchendiener sowie ihrer Hinterbliebenen bestimmt sind.
- 1.2
- 1 Für die Grundsteuerbefreiung in Betracht kommende Grundstücke der katholischen Kirche tragen unterschiedliche Bezeichnungen. 2 Der Nachweis kann in der Regel durch die Kennzeichnung im Grundbuch geführt werden. 3 Im Grundbuch ist die besondere Zweckbestimmung des Grundstücks in den meisten Fällen durch – regional teilweise unterschiedliche – Bezeichnungen wie „Pastorat“, „Pfarrfonds“, „Pfarrpfründestiftung“, „Vikarie ad Sanctum…“, „Beneficium-Stiftung“, „Emeritenfonds“ usw. gekennzeichnet. 4 Soweit in Einzelfällen Zweifel bestehen, ist ein Nachweis durch Vermögensverzeichnis möglich; ggf. ist die zuständige bischöfliche Behörde um Auskunft zu bitten.
- 1.3
- 1 Bei der evangelischen Kirche ergibt sich die kirchenrechtliche Bindung ebenfalls aus dem kirchlichen Vermögensnachweis bzw. dem Grundbesitznachweis oder aus dem Grundbuch sowie der entsprechenden kirchlichen Verwendungsregelung.2 In aller Regel ist die besondere Zweckbestimmung des Grundstücks im Grundbuch durch einen Zusatz kenntlich gemacht. 3 Es gibt regional und historisch unterschiedliche Bezeichnungen, wie „Pastorat“, „Pfarrdotation“, „Pfarre“, „Pfarreivermögen“, „Pfarrfonds“, „Pfarrkasse“, „Pfarr-/Küstereikasse“, „Pfarrpfründe“, „Pfarrpfründestiftung“, „Pfarrstelle“, „Pfarrwittum“, „Pfarrwitwentum“, „Diakonat“, „Metropolitanei“, „Küsterei“, „Küstereikasse“, „Küstereipfründe“, „Küsterei- und Organistenstelle“, „Organistenland“ und ähnliches.4 In einigen Fällen befindet sich im Grundbuch keine besondere Kennzeichnung der Zweckbestimmung; dann ist jedoch in dem kirchlichen Vermögensnachweis oder Grundbesitznachweis eine entsprechende Kennzeichnung enthalten, z. B. „Pfarrvermögen“, bzw. „Küstereivermögen“. 5 In Zweifelsfällen ist die zuständige Landeskirche um Auskunft zu bitten.
- 1.4
- 1 Nach dem 1. Januar 1987 erworbener Grundbesitz nimmt an der Grundsteuerbefreiung nicht mehr teil, auch wenn es sich bei dem Erwerb um einen Tausch oder Ersatzkauf handelt. 2 Eine Ausnahme gilt lediglich für die Zuteilung von Grundstücken aus der Verteilungsmasse im Umlegungsverfahren und für die Landabfindung im Rahmen eines Flurbereinigungsverfahrens, weil die neue Grundstücksfläche unter Fortsetzung des Eigentums als Surrogat an die Stelle der hingegebenen Fläche tritt (BFH-Urteil vom 9. Juli 1971, BStBl II S. 785 für die früher entstandenen fiktiven Dienstgrundstücke).
- 1.5
- 1 Für das Erfordernis übereinstimmender Zugehörigkeit zum Stellenfonds am 1. Januar 1987 und im jeweiligen Feststellungs- und Veranlagungszeitpunkt genügt die Identität des bürgerlich-rechtlichen Grundstücks. 2 Veränderungen im Bestand des Grundstücks (z. B. Bebauung eines unbebauten Grundstücks, Erweiterungsbau) sind deshalb für den Fortbestand der Grundsteuerbefreiung unschädlich.
- 1.6
- Ausgliederungen eines Grundstücks aus dem nach Kirchenrecht gesonderten Vermögen, dessen Erträge ausschließlich für die Besoldung und Versorgung der Geistlichen und Kirchendiener bestimmt sind, führen zum Verlust der Grundsteuerbefreiung, der nicht durch Neuprivilegierung anderen Grundbesitzes ausgeglichen werden kann.
- 1.7
- 1 Die Ausschließlichkeit der Bestimmung der Erträge für die Besoldung der Geistlichen und Kirchendiener wird nicht dadurch berührt, dass die Grundstücke zentral – einschließlich des Inkassos zugunsten des allgemeinen kirchlichen Haushalts – verwaltet werden. 2 Die Zweckbindung des Stellenvermögens für Besoldungs- und Versorgungszwecke reicht künftig aus.3 Besoldungs- und Versorgungszwecke umfassen auch Leistungen von Beihilfen, von Unterstützungen und von Gehaltszuschüssen an Geistliche und Kirchendiener einschließlich der berechtigten Hinterbliebenen.
- 1.8
- § 19 GrStG – Anzeigepflicht – gilt bei dem Wegfall der Voraussetzungen für die Grundsteuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Nr. 6 GrStG entsprechend.
- 2.
- Überleitung auf die Grundsteuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Nr. 6 GrStG auf den 1. Januar 1993
- 2.1
- 1 Bei den Grundstücken der katholischen Kirche sowie der Evangelischen Landeskirche im Bereich der ehemaligen Preußischen Provinz Hannover und des ehemaligen Fürstentums Schaumburg-Lippe, die als Dienstgrundstücke oder als sog. fiktive Dienstgrundstücke bis zum 1. Januar 1987 nach näherer Prüfung gem. § 3 Abs. 1 Nr. 5 GrStG a.F. von der Grundsteuer freigestellt worden sind, kann davon ausgegangen werden, dass sie am 1. Januar 1987 die für eine Grundsteuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Nr. 6 GrStG erforderliche Eigenschaft besessen haben und zum 1. Januar 1993 auch noch besitzen, es sei denn, dass eine Ausgliederung des Grundstücks aus dem Stellenfonds gem. § 19 GrStG angezeigt worden ist, noch angezeigt wird oder bekannt geworden ist (Hinweis auf Tz. 1.6). 2 Die bisher gewährte Grundsteuerbefreiung ist in den erstgenannten Fällen ohne weitere Maßnahmen fortzugewähren.
- 2.2
- 1 Bisher waren nur die sog. fiktiven Dienstgrundstücke der Evangelischen Kirche im Bereich der ehemaligen Preußischen Provinz Hannover und des ehemaligen Fürstentums Schaumburg-Lippe nach § 3 Abs. 1 Nr. 5 GrStG a.F. von der Grundsteuer befreit. 2 Nicht begünstigt waren die zu einem Stellenfonds gehörenden Grundstücke dieser Kirchen, die erst nach Inkrafttreten des Preußischen Gesetzes vom 2. Juli 1898 erworben worden sind, mit Ausnahme der im Umlegungsverfahren und im Flurbereinigungsverfahren für hingegebene Flächen erworbenen Grundstücke (BFH-Urteil vom 9. Juli 1971, a. a. O.). 3 Mit Wirkung vom 1. Januar 1993 an sind nunmehr alle bis zum Beginn des 1. Januar 1987 erworbenen Grundstücke dieser Kirchen, die am 1. Januar 1987 und im Veranlagungszeitpunkt zu einem nach Kirchenrecht gesonderten Vermögen gehören, dessen Erträge ausschließlich für die Besoldung der Geistlichen und Kirchendiener bestimmt sind, von der Grundsteuer befreit. 4 Nach näherer Prüfung (vgl. Tz. 1) sind diese Grundstücke von der Grundsteuer freizustellen. 5 Es kann der Antrag auf Grundsteuerbefreiung abgewartet werden.
- 2.3
- 1 Bisher sind keine Grundstücke der Evangelischen Landeskirche in den Gebieten des ehemaligen Herzogtums Braunschweig und des ehemaligen Großherzogtums Oldenburg gem. § 3 Abs. 1 Nr. 5 GrStG a.F. von der Grundsteuer befreit gewesen. 2 Unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 6 GrStG ist nunmehr für die entsprechenden Grundstücke die Grundsteuerbefreiung vom 1. Januar 1993 an nach entsprechender Prüfung (vgl. Tz. 1) zu gewähren. 3 Die Anträge auf Grundsteuerbefreiung können abgewartet werden.
- 2.4
- 1 Soweit Grundstücke für die Zeit vor dem 1. Januar 1993 als Dienstgrundstücke nicht zur Grundsteuer herangezogen worden sind, kann ein Grundsteuermessbetrag für diese Zeit trotz des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 13. Mai 1987 (BStBl II S. 722) nicht mehr festgesetzt werden (Hinweis auf Verfügung vom 29. November 1993 – Az. w.o. –). 2 Sind in diesen Fällen die Voraussetzungen für die Grundsteuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Nr. 6 GrStG zum 1. Januar 1993 nicht erfüllt, sind auf diesen Zeitpunkt eine Nachfeststellung des Einheitswerts und eine Nachveranlagung des Grundsteuermessbetrags durchzuführen.