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Grundsätze guter kirchlicher Stiftungspraxis des Arbeitskreises „Kirchen“ im Bundesverband Deutscher Stiftungen

Vom 22. September 2009

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Präambel

Im Glauben an Jesus Christus und in christlicher Freiheit und Verantwortung haben Menschen seit dem Ursprung des Christentums Stiftungen errichtet, um Zwecke zu erfüllen, die ihnen aus diesem Glauben heraus wesentlich waren.
Diese kirchlichen Stiftungen prägen und gestalten bis heute das Bild von Kirche und Gesellschaft mit. Sie sind Ausdruck dafür, dass die Welt von Gott getragen ist und von ihm her Grund, Bestand und Sinn hat.
Kirchliche Stiftungen bilden in der Vielfalt ihrer Arbeit alle Bereiche des kirchlichen Lebens ab.
Die Kirche berät und begleitet Stiftungen sowie künftige Stifterinnen und Stifter. Sie fördert und schützt Stiftungen und stärkt deren Leistungsfähigkeit, Entschlusskraft und Selbstverantwortung. Die kirchliche Aufsicht stellt sicher, dass die Verwaltung der Stiftungen nach Maßgabe des kirchlichen und staatlichen Rechts sowie im Einklang mit dem Stifterwillen und der Stiftungsverfassung geschieht.
Die nachfolgenden Grundsätze orientieren sich an den Grundsätzen guter Stiftungspraxis des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen.
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I. Stiftungen

Die Grundsätze wenden sich an kirchliche Stiftungen:
  1. Kirchliche Stiftungen verfolgen im Einklang mit dem kirchlichen Auftrag vom Stifter bestimmte Zwecke, welche in ihrer Satzung verankert sind und durch die Erträge aus dem Stiftungsvermögen erfüllt werden sollen.
  2. Kirchliche Stiftungen haben ein Vermögen, das ihnen auf Dauer und ungeschmälert zur Verfügung stehen soll.
  3. Kirchliche Stiftungen haben Organe oder Träger, die eine ordnungsgemäße Erfüllung des jeweiligen Stiftungszwecks gewährleisten.
  4. Kirchliche Stiftungen können in unterschiedlichen Rechtsformen verfasst sein (z.B. als rechtsfähige Stiftung, als Stiftungsgesellschaft und als Stiftungsverein). Auch treuhänderische Stiftungen erfüllen diesen materiellen Stiftungsbegriff.
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II. Stiftungspraxis

Stiftungsorgane, Stiftungsverwalter und Stiftungsmitarbeiter orientieren sich im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben des Gemeinnützigkeits- und Stiftungsrechts bei ihrer Tätigkeit insbesondere an folgenden Grundsätzen:
  1. Sie verstehen sich als Treuhänder des im Stiftungsgeschäft und in der Satzung formulierten Stifterwillens.
  2. Sie sind der Satzung verpflichtet und verwirklichen den Stiftungszweck nach bestem Wissen und Gewissen.
  3. Sie legen das in ihre Obhut gegebene Vermögen im Einklang mit christlichen Werten an und erhalten es in seiner nachhaltigen Ertragsfähigkeit. Das Rechnungswesen bildet die wirtschaftliche Lage der Stiftung zeitnah, vollständig und sachlich richtig ab. Die Verwaltungsausgaben bewegen sich in einem angemessenen Rahmen.
  4. Sie anerkennen Transparenz als Ausdruck der Verantwortung von kirchlichen Stiftungen in der Gesellschaft von heute und als ein Mittel zur Vertrauensbildung. Sie stellen der Stiftungsaufsicht und darüber hinaus in geeigneter Weise der Öffentlichkeit die wesentlichen inhaltlichen und wirtschaftlichen Informationen über die Stiftung (insbesondere über den Stiftungszweck, die Zweckerreichung im jeweils abgelaufenen Jahr, die Förderkriterien und die Organmitglieder) zur Verfügung. Sie veröffentlichen vorhandene Bewilligungsbedingungen und setzen, soweit geboten, unabhängige Gutachter oder Juroren ein. Gesetzliche Auskunftspflichten werden rasch und vollständig erfüllt.
  5. Die Mitglieder der Stiftungsorgane handeln in christlicher Verantwortung kompetent, informiert und integer. Ehrenamtlich tätige Organmitglieder sind trotz ihrer sonstigen Verpflichtungen bereit, die erforderliche Zeit und Sorgfalt für die Stiftungsarbeit zur Verfügung zu stellen. Mitglieder von Kontroll- und Beratungsgremien sind grundsätzlich unabhängig von den für die operative Tätigkeit verantwortlichen Organen und werden von diesen umfassend und wahrheitsgemäß informiert.
  6. Die Stiftungsorgane gewährleisten die sorgfältige und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks und bedienen sich geeigneter Instrumente für eine regelmäßige Überprüfung. Sie fördern entsprechendes Verhalten ihrer Mitarbeiter.
  7. Die Stiftungsorgane von fördernden Stiftungen achten Fördersuchende als unverzichtbare Partner zur Verwirklichung der Stiftungszwecke. Anfragen werden zeitnah beantwortet; über den Fortgang der Antragsbearbeitung wird informiert.
  8. Die Stiftungsorgane fördern den Erfahrungsaustausch und die Zusammenarbeit mit anderen Stiftungen.
    Für Mitglieder der Stiftungsorgane, der Kontroll- und Beratungsgremien und für Stiftungsmitarbeiter gilt, dass sich niemand bei seinen Entscheidungen von eigennützigen Interessen leiten lässt. Insbesondere beachten sie folgende Grundsätze:
  9. Sie legen die Anhaltspunkte für einen Interessenkonflikt im Einzelfall unaufgefordert offen und verzichten von sich aus auf eine Beteiligung am Entscheidungsprozess, wenn dieser ihnen oder einer nahestehenden Person einen unmittelbaren Vorteil oder Nachteil bringen kann. Auch persönliche oder familiäre Beziehungen zu den Fördersuchenden und zu Dienstleistungsunternehmen werden offen kommuniziert.
  10. Sie verzichten auf vermögenswerte Vorteile, die ihnen von interessierter Seite verschafft werden. Dies gilt auch dann, wenn die Verknüpfung von Vorteil und Gegenleistung nicht unmittelbar oder erst zukünftig zu erwarten ist.